Doch nun zur Geschichte unserer Feuerwehr.
Deutsche Feuerwehrzeitung Aug.1863
Wir erfahren aus der „Deutschen Feuerwehrzeitung“ vom 28.8.1863, dass in Neuenstadt seit dem Jahre 1861 eine Freiwillige Feuerwehr, die erste im Oberamt Neckarsulm besteht. Das Gründungsdatum ist auch noch durch Meldungen des Oberamtes Neckarsulm an die Staatsregierung bestätigt.
Die Feuerwehr umfasst 225 Mann und hat 5 Abteilungen:
1. die Steiger und Arbeitsmannschaft mit 30 Mann,
2. die Rettungsmannschaft mit 50 Mann
3. die Spritzen- und Buttenmannschaft mit 75 Mann
4. die Hydrophormannschaft mit 40 Mann
5. die Wachmannschaft mit 30 Mann.
Die Wachmannschaft ist zum größten Teil aus der Schützengilde gebildet und mit Ober- und Untergewehr versehen. Freiwillig ist nur die Steigerabteilung.
Die Uniform besteht aus einem dunkelgrauen Tuchrock mit umliegendem Kragen und dunklen Knöpfen. Lediglich die zum auswärtigen Dienst bestimmte Spritzen und Buttenmannschaft ist mit Jacken aus Drill bekleidet. Als Kopfbedeckung dienen Messinghelme, die Wachmannschaft trägt eine Mütze mit grün eingefasster Borte und einem Feuerwehrabzeichen. Der Stab ist aus dem Hauptmann, dem Oberleutnant, dessen Stellver¬treter, dem Lieutenant, der Wachmannschaft, dem Wundarzt, zwei Hornisten und zwei Tambours zusammengesetzt.
Jede Abteilung hat einen Obmann und einen Stellvertreter, die Spritzenmannschaft außer diesen noch die nötigen Rohr- und Schlauch¬führer. Die Auszeichnung des Hauptmanns besteht aus einem weißen Rosshaarschweif auf dem Helm und drei goldenen Sternen am Rockragen, die des Oberlieutenants aus einem weißroten Schweif und zwei Ster¬nen, die des Lieutenants der Wachmannschaft aus einem Stern am Rockkragen. Die Obmänner sind an den Helmen mit schwarzen Schweifen und einem Stern aus gelber Wolle am Rockkragen, deren Stellvertreter nur durch einen schwarzen Schweif auf dem Helm ausgezeichnet.
Zu den Geräten, die im Spritzenmagazin im Rathaus untergebracht sind gehören zwei gute Fahrspritzen mit den nötigen Schläuchen, eine kleine Tragspritze, ein Hydrophor (Saug- u. Druckspritze) mit besonderem Schlauchwagen und Schläuchen, 1 Rettungsschlauch, 1 Rettungskorb, 2 Rettungssäcke, 2 Tragbahren, 1 zweirädriger Wagen für Beile, Äxte, Pickel und Laternen der Steigermannschaft, weiter ein vierrädriger Wagen mit Ansteigleiter, Schiebeleiter, Feuerleiter, Haken und Dachleiter,
Die Zweiradleiter im Schlosshof
Aufstelleiter und Gesimsrolle der Arbeitsmannschaft. Dieser Wagen ist außerdem mit gepolsterten Sitzen versehen und dient daher auch zum Transport der für den auswärtigen Dienst bestimmten Abteilungen der Steiger- und Arbeitsmannschaft.
Die Spritzen und Buttenmannschaft sowie jene Mitglieder der Steiger und Arbeitsmannschaft, die nicht auf diesem Wagen untergebracht werden können, werden auf drei aus Leiterwagen improvisierten Mannschaftswagen zum Brandplatz gefahren.
Die Mannschaft und Fuhrleute erhalten für ihre Dienstleistungen bei Brandfällen eine der Zeitversäumnis angemessene Belohnung aus der Stadtkasse.
Für die ganze Ausrüstung der Mannschaft (ohne Kleidung) und für die Anschaffung der Geräte werden aus Städtischen Mitteln 3500 fl ausgegeben. Für sonstige kleinere Ausgaben erhält die Feuerwehr einen angemessenen jährlichen Beitrag aus der Stadtkasse. Außerdem steuern die Württembergischen Feuerversicherungsgesellschaft 100 fl, die Feuerversicherungsgesellschaft Colonia 50 fl und ein Privatmann ebenfalls 50 fl bei.
Der erste Feuerwehrhauptmann in Neuenstadt ist der Oberamtswerk¬meister Johann Karl Friedrich Eberhardt Lell. Der in Ludwigsburg geborene Lell heiratet im November 1842, vermutlich in Neuenstadt, Veronika Karolina Reuß. Die Familie Lell zieht 1876 nach Neckarsulm. (Sein Sohn Gustav Adolf Lell, ebenfalls Werkmeister, war von 1879 bis 1881 Kommandant in Neckarsulm und außerdem Bezirksfeuerlöschinspektor.)
Dass Lell eine große Begeisterung für das Feuerlöschwesen hegt, zeigt sich daran, dass er 1842 im damals hessischen Wimpfen beim Löschen eines Brandes mithilft und dafür mit einem hessischen Orden ausgezeichnet wird. Um diese „Ausländische Auszeichnung“ tragen zu dürfen, muss er einen Antrag an die Kreisregierung stellen.
Lell folgen ab 1876 bis zum Jahre 1925: Der Metzger und Gastwirt Jakob Sailer, der Geometer Karl Müller und der Landwirt Wilhelm Weißmann.
Weitere Angaben über die Feuerwehr von ihrer Gründung bis 1925 fehlen, da alle Akten die evtl. Angaben enthalten könnten 1945 beim Angriff auf Neuen¬stadt im Rathaus verbrannten.
Aus der Zeit vor 1925 ist bekannt, dass am 5. und 6. Sep. 1863 die Neuenstadter Wehr den 1. Württenbergischen Landesfeuerwehrtag in Stuttgart mit 30 Mann besucht.
Deutsche Feuerwehrzeitung 1886
Zum 25-jährigen Bestehen der Wehr im Jahre 1886 findet am 22.08.1886 ein großes Fest statt, zu dem 31 auswärtige Feuerwehren erscheinen. Ein Festzug mit über tausend Teilnehmern zieht durch die Hauptstraße zum Festplatz an der Brettach.
In den Statistiken der Württembergischen Feuerwehrkalender von 1884, 1885 und 1915 wird Neuenstadt folgendermaßen erwähnt:
1884: gegründet 1861, Kommandant Jakob Sailer, Privatier, Mitgliederzahl 183
1885: gegründet 1861, Kommandant Jakob Sailer, Privatier, Mitgliederzahl 183
1915: gegründet 1861, Kommandant Wilhelm Weißmann, Bauer, Mitgliederzahl 125
Aus dem Jahre 1905 (22.12.1905) ist eine Meldung des Oberamtes an das Innenministerium bekannt, in der Neuenstadt wie folgt erwähnt wird:
Von 1861 bis 1887 freiwillig, seither gemischte Feuerwehr. Züge 1–3 freiwillig, Züge 4-7 Pflichtfeuerwehr, Mannschaftszahl: 175
Am 7. Juni 1885 wird eine „Landesfeuerlöschordnung“ eingeführt. Durch diese Landesregelung wurden alle Gemeinden in Württemberg verpflichtet eine Feuerwehr aufzustellen und als Folge wurden im Jahr 1886 über 1000 Feuerwehren gegründet. Von der wohl daraufhin im Jahr 1887 entstandenen „Lokal-Feuerlöschordnung“ ist noch ein Exemplar vorhanden.
Die Local-Feuerlöschordnung von 1887
Weiterhin erhalten blieb noch das Protokollbuch der Freiwilligen Feuerwehr Neuenstadt seit 1925. Dies beginnt mit einer Neuorganisation der Wehr am 9. April 1925. Leider ist auch dieses Dokument im Laufe der 70- oder 80ziger Jahren abhanden gekommen. Nur eine Zusammenfassung von Klaus Gussmann sen. und dem damaligen Schriftführer Hermann Glaser, die bis zum Ende der 60ziger Jahre reicht, ist noch vorhanden und aus dieser wird nun berichtet. Der Originaltext wurde weitgehend übernommen und an einigen Stellen Ergänzungen aus noch vorhandenen Schriftstücken, mündlichen Berichten sowie Berichten der Neuenstädter Tageszeitung eingefügt.
Aus dieser Zeitung, die von 1923 bis 1933 erschien, stammen viele der folgenden Zeitungsausschnitte.